
Eine andere Geschichte besagt, dass die Bezeichnung bei Hahnenkämpfen entstanden sei. So habe der Besitzer des Siegerhahns dem unterlegenen Hahn eine Feder herausgerissen und damit sein Getränk dekoriert, um anschließend auf den Hahnenschwanz anzustoßen. Historischbelegt ist das allerdings nicht. Auch die Vermutung, Namensgeber sei das mit Kräutern, Wurzeln und Ale aufgeweichte Brot, das den Streithähnen als Cock Ale verabreicht wurde, um ihren Kampfeswillen zu stärken, kann nicht bekräftigt werden. Tatsächlich gab es um 1800 einGetränk, das Cock Ale genannt wurde. Die Ähnlichkeit der Wörter Cock Ale und Cocktail sind zwar nicht von der Hand zu weisen, doch spricht gegen eine Verbindung, dass ersteres ein Biermischgetränk war.
In den Vereinigten Staaten ist die Geschichte der Betsy Flanagan sehr beliebt. Sie soll während der Amerikanischen Revolution eine Kneipe eröffnet haben, die von amerikanischen und französischen Soldaten besucht wurde. Eines Abends habe sie den Offizieren ein Hähnchen serviert, das sie einem Nachbarn, der Anhänger der verhassten Engländer war, entwendet hatte. Nach dem Essen servierte sie einen Punch in mit Federn dekorierten Gläsern. Die Offiziere sollen dann mit „vive le cocktail“ angestoßen haben unddadurch sei die Bezeichnung Cocktail geboren.
Tatsächlich geht die Anekdote auf den 1821 erschienenen Roman „The Spy. A Tale of Neutral Ground” von James Fenimore Cooper zurück. Die Geschichte spielt in der Revolutionszeit und darin serviert Betty Flanagan, eine Hotelwirtin in Four Corners, den ersten Cocktail. Ob diese fiktive Betty ein reales Vorbild hatte, wurde nie geklärt. Wie auch immer wurde aus ihr die oben erwähnte Betsy.
Folgender Theorie begegnet man immer wieder: Der französischen Apotheker Antoine Amédée Peychaud kreierte in New Orleans Mixgetränke, die er in Eierbechern servierte. Eierbecher heißt auf Französisch „coquetier“. Daraus soll dann der Begriff Cocktail entstanden sein. Dagegen spricht aber, dass der Franzose sein Getränk um 1830 hergestellt und serviert hatte, als die Bezeichnung Cocktail schon längst verbreitet war.
Der Barkeeper Harry Craddock veröffentlichte 1930 das legendäre und weit verbreitete „Savoy Cocktail Book“, in dem er behauptet, dass der Cocktail nach einer jungen Schönheit namens Coctel benannt worden sei. Die Tochter des mexikanischen Königs Axolotl VIII. habe bei Friedensverhandlungen einem Südstaaten-General ein selbst gemixtes Getränk bereitet. Doch Craddock selbst deutet mit der Bemerkung „es gibt unwiderlegbare Beweise für die Wahrheit dieser Geschichte, auch wenn es nicht die kleinste schriftliche Unterlage dazu gibt!“ an, dass es sich dabei um eine Thekenlegende handelt. Außerdem gibt es gar keinen mexikanischen König mit dem Namen Axolotl. Vielmehr ist das der Name eines Schwanzlurches, der in Mexiko heimisch ist.
Auf eine weitere schöne Geschichte stoßen wir in Henry L. Menckens Standardwerk „The American Language“. In englischen Kneipen seien Getränkereste, sogenannte „tailings“, in Fässern zu einem hochprozentigen Gemisch zusammengeschüttet und verbilligt ausgeschenkt worden. Da der Zapfhahn am Fass „cock“ genannt wurde, sei daraus der Name Cocktail entstanden. Gegen diese Version spricht, dass ein Sling, der Vorläufer des Cocktails, nur aus einer einzigen mit Zucker und Wasser versetzt Spirituose bestand, der einige Spritzer Bitter zugefügt wurde, und nicht aus mehreren.
Schließlich gibt es noch die bunten Getränke, die nichtgemischt, sondern geschichtet werden. Liköre mitunterschiedlichen Dichten werden nacheinander vorsichtig in ein Glas geschüttet und bilden verschiedene übereinander liegende Getränkefarben. Von der Seite betrachtet, ähnelt dann der Inhalt des Glases einem bunten Hahnenschwanz. Dass der Begriff Cocktail auf dieses Verfahren zurückgeführt werden kann, ist aber keineswegs hieb- und stichfest.
Einige dieser Geschichten und Anekdoten könnten stimmen. Zumindest erscheinen sie logisch. Wir werden die Wahrheit wohl nie erfahren, so bleibt es ganz Dir überlassen, welche Version Dein Favorit ist. Wichtig ist doch eigentlich nur, dass der Cocktail, den du trinkst, Dir schmeckt. Da kann es doch ziemlich egal sein, wie das Getränk zu seinem Namen kam, nicht wahr?...